Fredy Hasenmaile (l.), Daniel Wessner und Reto Inauen.
13.02.2025 09:00
Raiffeisenbanken als wichtige Akteure im Kanton
Bilanzmedienkonferenz in Frauenfeld
Die Thurgauer Raiffeisenbanken luden letzten Donnerstag zur Bilanzmedienkonferenz nach Frauenfeld ein. Nach den Ausführungen des Verbandspräsidenten Reto Inauen referierten Daniel Wessner, Leiter Amt für Wirtschaft und Arbeit und Raiffeisen Schweiz Chefökonom Fredy Hasenmaile.
Frauenfeld Vor 125 Jahren wurde die Ur-Raiffeisenbank in der Schweiz eröffnet – und dies im thurgauischen Bichelsee. Die Raiffeisenbank ist nicht die mutigste im Bankenbusiness, und genau das sei mitunter ihr Geschäftserfolg. «Dass wir schon so lange erfolgreich unterwegs sind, hat viel mit unserem risikoarmen Geschäftsmodell zu tun», sagt Verbandspräsident Reto Inauen. Der Geschäftserfolg von 87.7 Millionen Franken fliesse wiederum grösstenteils ins Eigenkapital. Dieser ist im Vergleich zum Vorjahr um 9 Prozent tiefer ausgefallen. Inauen erläuterte, dass dies primär mit dem Zinsumfeld zusammenhänge. Die Schweizerische Nationalbank hat 2024 den Leitzins viermal gesenkt. Ergo ging der Erfolg im Zinsgeschäft der Raiffeisenbank um über zehn Millionen Franken zurück. Das Minus in der Kasse konnte die Bank jedoch fast zur Hälfte mit dem Erfolg im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft wegmachen. Markt ist übersättigt Auffallend ist die Steigerung des Hypothekenbestandes der 14 Raiffeisenbanken. Dieser wuchs über eine halbe Milliarde auf erstmals 15 Milliarden Franken. «Nicht nur beim Erfüllen des Traums eines Eigenheims vertrauen die Thurgauerinnen und Thurgauer auf die Raiffeisen-Genossenschaft», sagt Inauen und ergänzt, dass die Kundeneinlagen der aktuell 118'000 Mitglieder erstmals auf über zwölf Milliarden Franken angestiegen sind. 1400 neue Mitglieder schlossen sich 2024 der Raiffeisenbank Thurgau an. Ein grosser Zuwachs, so Inauen. Bei 14 Banken scheint die Zahl dann doch nicht so gewaltig zu sein und auf Nachfrage sagt der Verbandspräsident: «Hinsichtlich der Übersättigung im Markt seien sie zufrieden mit der Zunahme des Kundenstamms.» Eine Kundenzielgruppe seien Jugendliche. So biete die Raiffeisenbank zum Beispiel Vorträge in den Schulen zum Thema Budget-Verwaltung an. In Sachen Jugendförderung ist die Raiffeisenbank stark: «Wir bilden zurzeit 40 Lernende aus und machen sie fit für die Zukunft», so Inauen.
Betriebe melden Kurzarbeit an
Zur Medienorientierung lud die Raiffeisenbank Daniel Wessner ein, Leiter des Amts für Wirtschaft und Arbeit ein. Die Thurgauer Raiffeisen seien im Kanton stark vertreten und seien ein wichtiger Akteur für die Thurgauer Wirtschaft. Er sprach die Wirtschaftslage in Deutschland an. «Dem wichtigsten Handelspartner des Kantons.» Die missliche Lage habe die Umsätze vieler Industrieunternehmen geschwächt. Deutschland nehme Fahrt auf, jedoch in die falsche Richtung, so Wessner. «Vermehrt melden Betriebe wieder Kurzarbeit an», erklärt Daniel Wessner. Bei vielen sei es eine Vorsichtsmassnahme, so dass schnell reagiert werden könnte. Darunter auch grosse Produktionsunternehmen. Die Arbeitslosenquote bewege sich mit 2,4 Prozent unter dem schweizerischen Durchschnitt von 2,8. Trotzdem seien mehr als 1000 Menschen im Thurgau mehr stellensuchend als 2023. Man sehe eine steigende Tendenz. «Mehr Arbeitslose, trotz Fachkräftemangel und einer hohen Zuwanderung ist ökonomisch gesehen unlogisch. Wir können diese Entwicklung nicht genau einordnen», meint Wessner. Er rechnet vor, dass bis 2035 60'000 Arbeitskräfte in der Ostschweiz fehlen könnten. Der Thurgau soll sichtbarer werden als attraktiver Arbeitgeber. «Aktuell pendeln mehr Einwohnerinnen und Einwohner in einen anderen Kanton, als umgekehrt.»
Inflation geht zurück
Zu Gast war auch Fredy Hasenmaile, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz. «Die Schweizer Exportwirtschaft kämpft weiterhin mit dem schwierigen globalen Umfeld», so Fredy Hasenmaile. Lediglich der krisenresistente Chemie- und Pharmasektor verzeichne noch ein Exportplus, so der Chefökonom. Einziger Lichtblick für die Exporteure sei die robuste Nachfrage aus den USA. Er rechne nicht mit einer markanten Steigerung der Arbeitslosigkeit in der Schweiz. «Die Aussichten für den Privatkonsum sind ähnlich gut wie im Vorjahr, da die Inflation deutlich zurückgegangen ist.» Zu Jahresbeginn dürfte diese weiter Richtung Null sinken. «Zusätzlich dürften die sinkenden Zinsen im laufenden Jahr die Investitionstätigkeit beleben, insbesondere in der Bauwirtschaft», ist Fredy Hasenmaile überzeugt. Damit sei ein Wachstum des Bruttoinlandprodukts von rund 1.3 Prozent möglich, nach rund einem Prozent im Jahr 2024.»
Von Desirée Müller