Ludothek in Tägerwilen sucht nach neuen Möglichkeiten.
16.01.2025 14:31
Popcorn-Maschine statt Eile mit Weile
Die Ludotheken in der Region spüren den Wandel der Zeit, wissen sich aber zu helfen und erweitern ihr Angebot stetig
Von der Hotdog-Maschine bis zum Partyzubehör. Spiele für Konsolen bieten bisher keine der befragten Ludos an und so soll es vorerst auch bleiben.
Region Wo man einst Eile mit Weile oder das Leiterlispiel auslieh, steht einem heute ein riesiges Angebot an top aktuellen Spielsachen und ganze Sets für Mottoparties zur Verfügung. Die Ludos in der Region versuchen - meist erfolgreich - sich gegen die digitale Welt zu stellen. «Wir haben zunehmend mehr Spielmöglichkeiten neben klassischen Spielen im Sortiment. Zum Beispiel Fahrzeuge oder auch Eventzubehör wie beispielsweise eine Popcornoder Zuckerwattenmaschine», sagt Kerstin Bejic von der Ludo Kreuzlingen. Zusätzlich setzen sie auf nachhaltige Produkte und inklusive Spielsachen, die auch verschiedene Fähigkeiten neben dem Bewusstsein fördern. «Wie das Picklerdreieck und Schüttelspiele für die Grob- und Feinmotorik, Puppen mit Brillen oder Hörgeräten», zählt sie auf. Neu gibt es in Kreuzlingen sogenannte Smartgames, die Logik, Problemlösekompetenz und strategisches Vorgehen schulen, in dem verschiedene Aufgaben gelöst werden müssen. Diese sind sehr beliebt. Spieleabende im Trend Trends sind laut Kerstin Bejic schwierig auszumachen: «Wir sehen aber Unterschiede in den Jahreszeiten. Im Frühling und Sommer sind Fahrzeuge, Wasserspiele und Materialien für Draussen gefragt. Im Winter Gesellschaftsspiele und Rollenspiele wie beispielsweise ein Eisladen oder eine Bäckerei.» Ein Dauerrenner sind Eventzubehöre und Materialien für Kindergeburtstage. «Digitale Spiele haben wir bisher nicht im Sortiment, auch wenn hier sicherlich beim Spielen der grösste Wandel besteht und wir auch immer wieder angefragt werden.» Die Umsetzung der Ausleihe wäre komplizierter und der Grundgedanke des «analogen» Spiels will fortgeführt werden. Nicht nur Kinder sind ihr Publikum: «Wir haben auch viele erwachsene Kundinnen und Kunden, die sich vor allem für komplexere Brettspiele interessieren.» Seit etwa eineinhalb Jahren bietet die Ludothek Kreuzlingen einmal im Monat einen Spieleabend für Erwachsene an, der recht gut ankomme. So werden in lockerer Runde von meist 10 bis 15 Personen die Spiele gespielt, auf die die Teilnehmer gerade Lust haben.
Ludo Tägerwilen am kämpfen
In Tägerwilen sieht es nicht so rosig aus. «Die grösste Veränderung in den letzten Jahren besteht sicher in der Tatsache, dass Computerspiele und Spielekonsolen immer beliebter wurden. Sie haben den Spieleabend mit klassischen Brettspielen in vielen Familien leider abgelöst», berichtet Tanja Albert. Sie beobachtet, dass immer noch Spiele, die bereits länger auf dem Markt sind wie Siedler, Kakerlakak oder auch Uno und Skipbo ausgeliehen werden. «Letztere lassen sich auch schnell einpacken und sind jederzeit griffbereit ». Anders als in Kreuzlingen habe sich die grösste Zielgruppe im Alter zwischen drei und acht Jahren eingependelt. «Es kommt jedoch auch vor, dass die Erwachsenen, wenn sie ein Kind in die Ludothek begleiten, selbst fündig werden und etwas für sich mitnehmen.» Doch dies ist eher die Seltenheit. Geleitet wird die Ludo vom gemeinnützigen Frauenverein. Die Ludothek zu schliessen wäre laut dem Tägerwiler Team sehr schade. So wollen sie nun aktiv Werbung für ihre Angebote machen. «Wir haben einen neuen Flyer entworfen, der an vielen öffentlichen Stellen ausgelegt wurde. Ausserdem erwähnen uns die Lehrer in ihren Quartalsbriefen, die die Eltern der Schüler und Schülerinnen von Tägerwilen als Informationspost erhalten. Darüber hinaus sind die Leihgebühren so unschlagbar günstig, dass kein Risiko besteht, einfach mal ein Spiel auszuprobieren. Denn wenn wir mal ehrlich sind, ist nichts geselliger als ein Gesellschaftsspiel», so Tanja Albert. Wie die Tägerwiler konzentrieren sich auch die Steckborner auf mehrheitlich klassische Gesellschaftsspiele. «Alte» Spiele wie Monopoly werden immer noch gut ausgeliehen, wie auch schnelle Spiele, die überall gespielt werden können. Beliebt seien auch Fahrzeuge wie ihr «Top-Seller», der Traktor. Die Ludo Steckborn führt dazu Spielsachen für die Kleinsten - alles was knistert oder Musik macht. Monika Schmitter, Leiterin der Ludothek in Stein am Rhein, spricht ein wichtiges Thema an: «Wenn man ein Spiel oder Spielsachen ausleiht, muss man Sorge dazu tragen und alle Teile, zum Beispiel bei einem Playmobil- Set, wieder zurückbringen.» Und dies zu einem bestimmten Zeitpunkt, an einem Tag, wo man vielleicht arbeitet. In der schnelllebigen Zeit oftmals ein Aufwand, den Eltern nicht eingehen möchten. «Viele kaufen sich daher lieber die Spielsachen oder Gesellschaftsspiele, statt sie auszuleihen», stellte Monika Schmitter fest. Auch findet ein grosser Wandel in der Konsumation von Hörspielen statt. Wo es früher die CD's oder gar Kassetten waren, werden heute Märchen via Toni- Figuren oder Spotify gehört. Doch zum Glück gebe es immer noch genügend Steinerinnen und Steiner, welche Freude am Konzept des Leihens hätten. Auch Grosseltern kommen regelmässig, um sich ein Spielzeug für die Enkel auszuleihen. Die Ludothek in Bürglen besteht seit 1993 und ist immer noch sehr beliebt bei gross und klein. «Früher war das Ziel einer Ludothek, hochwertige Spielsachen günstig zu verleihen. Dies gilt natürlich immer noch, aber heute geht’s auch ums Bewusstsein fürs Ausleihen statt Kaufen. Ein Trend gegen das übermässige Konsumverhalten », sagt die Leiterin der Ludothek Kathrin Humard. Wie die Kreuzlinger setzen auch sie auf Partyartikel wie Glühweinkocher oder sogar Discolichter. «Merchandise Spielartikel von Paw Patrol sind dazu der Hit. Playmobil ist immer sehr beliebt. Aber auch grosse Artikel wie PonyCycles oder GoKarts, welche teuer sind und zu Hause viel Platz beanspruchen. » Man merke teilweise schon, dass digitale Spiele die herkömmlichen verdrängen. Doch wenn man mit den Trends geht, «funktionieren» Gesellschaftsspiele immer noch. «Der Renner sind aktuell kooperative Spiele, da dabei entweder alle zusammen gewinnen oder verlieren. Ein bekanntes Beispiel ist das Haba-Spiel Obstgarten. Krimidinner und Escape Room «Die Ludothek in Frauenfeld ist immer noch ein sehr beliebter Ort», so Bettina Baltensperger vom Ludo- Team. «In einer Zeit, in der Sharing immer selbstverständlicher wird, sind wir immer noch aktuell.» Die Frauenfelder Ludo ist unter anderem bekannt für eine grosse Auswahl an Grossspiele für Spieleabende wie ein Krimi-Dinner oder Escape Events. «In der Pandemie hat das Gesellschaftsspiel und Puzzle riesigen Zuwachs erfahren. Auch in der Schule werde immer noch gespielt. «Man lernt Regeln einzuhalten, fair spielen und mit Verlieren und Gewinnen umzugehen.»
Von Desirée Müller