Karin Bernet voll in Action.
06.03.2025 08:00
Frauenfussball im Rampenlicht
Podiumsvortrag zur Frauenfussball EM in Weinfelden
Am Samstag findet der Auftakt der Eventreihe des Thurgauer Fussballverbandes mit Bezug zur Frauen Europameisterschaft in der Schweiz statt. Eingeladen zur Podiumsdiskussion in Weinfelden ist unter anderen FC St.Gallen Spielerin Karin Bernet aus Berg. Sie erzählt, was die WEURO25 für Auswirkungen auf den Frauenfussball haben könnte und wie Fussballerinnen «ticken».
Weinfelden Im Sommer wird UEFA Women's EURO 2025 (WEURO) in der Schweiz ausgetragen. Der Thurgauer Fussballverband wie auch Spielerinnen erhoffen sich viel von dem Grossanlass. «Durch die mediale Präsenz werden die Mädchen und die Öffentlichkeit auf den Frauenfussball aufmerksam», erzählt Karin Bernet. Die 30-Jährige aus Berg holte sich mit den FC Zürich Frauen sechs Meister- und fünf Cuptitel, spielte in der Champions League und ist heute Stammspielerin beim FC St. Gallen. «Männer hätten nach diesen Erfolgen ausgesorgt», sagt sie. Doch: «Den Frauen- und Männerfussball kann und darf man nicht vergleichen. » Was viele aber immer noch tun. Rein von der Physis her ist das Spiel der Männer schneller. «Technisch kommen Fussballerinnen aber an die männlichen Spieler heran und in Sachen Taktik sind wir vielleicht sogar cleverer», sagt Karin Bernet und lächelt. Doch beide Geschlechter verfolgen das gleiche Ziel: «Tore schiessen und gewinnen. » Wo bei den Männern eher der Konkurrenzkampf tobt, zeigen sich laut Bernet die Frauen im Team unterstützender. «Wir freuen uns über die Erfolge anderer. Natürlich können auch wir mal auf den Tisch hauen, doch ich würde behaupten, dass Frauen im Fussball Differenzen anders klären.» Die Stimmung hänge auch immer vom Erfolg des Teams ab. Auf jeden Fall stecke hinter dem Frauen- und Männerfussball gleich viel Arbeit dahinter. Die Stadien sind jedoch trotzdem bei weitem nicht so gefüllt. Und genau dies soll sich nach der WEURO25 ändern. «Es ist verständlich, dass wir nicht so viel verdienen wie die Männer im Fussball. Je mehr Publikum, desto mehr Einnahmen.» Somit sei es zum einen das Ziel, Mädchen und junge Frauen für den Sport zu begeistern, zum anderen aber auch zu zeigen, wie attraktiv der Schweizer Frauenfussball heute schon ist.
Aufmerksamkeit erregen
Eine Natispielerin zieht jetzt schon Besucherscharen in die Stadien: Alisha Lehmann. Auf ihrem Instagramkanal folgen ihr über zehn Millionen Menschen. «Es ist gewaltig, wie laut es im Stadion wird, wenn sie eingewechselt wird.» Spielerinnen wie Lia Wälti bringen laut Karin Bernet auf dem Platz eine bessere, konstantere Leistung, doch um den Sport populärer zu machen, brauche es beide. Die Leisen und die Lauten. Die Zusammensetzung des Teams ist laut Bernet gut. «Das Team ist prima aufgestellt und die Gegnerinnen in ihrer Gruppe, Finnland, Norwegen und Island, schlagbar», so ihre Prognose.
Mehr Trainer-Frauen
Auch erhoffe man sich von der EM, dass Frauen vermehrt Trainer- oder Funktionärspositionen übernehmen. Alleine die Trainerkurse – von Männern dominiert - zu besuchen, brauche für viele Überwindung. Hier hofft Bernet, dass dank der Aufmerksamkeit während der WEURO das Selbstbewusstsein der Fussballerinnen wächst und sie motiviert, einen Schritt weiter zu gehen. Karin kann sich vorstellen, sich nach der aktiven Karriere in der Trainerposition zu sehen, doch: «Jetzt möchte ich erst noch den Ball am Fuss haben.» Viermal die Woche trainiert sie in St. Gallen und spielt an den Wochenenden. Sie arbeitet neben dem Sport 80 Prozent bei der Model AG in Weinfelden in der Personalabteilung. Dort ist sie für die Auszubildenden verantwortlich. Der Ausgleich tue ihr nebst dem Fussballplatz gut. Die Tage sind jedoch stets ausgefüllt.
Podiumsdiskussion
Am Samstag lädt der Thurgauer Fussballverband (TFV) zur Podiumsdiskussion ein. «Am Podium nehmen Teilnehmerinnen aus Politik, Sport und Wirtschaft teil. Es sollen Visionen und Lösungsansätze diskutiert werden, wie der Grossanlass WEURO25 nachhaltig genutzt werden kann und dieses langfristige Spuren bei der Frauenund Mädchenförderung in allen Bereichen der Gesellschaft in der Schweiz hinterlässt», sagt Patrick Küng, Präsident des Thurgauer Fussballverbandes. Auch aus seiner Sicht ist die WEURO eine grosse Chance für den Frauenfussball. «Aus diesem Grund hat der Schweizerische Fussballverband auch das Förderprogramm ‘LEGACY - das Vermächtnis- Projekt zur nachhaltigen Förderung und Stärkung des Frauenfussballs in der Schweiz’ ins Leben gerufen. » Das Projekt dauere von Anfang 2024 bis Ende 2027 und sehe Entwicklungsmassnahmen in den Bereichen Breitenfussball, Elitefussball und auf gesellschaftlicher Ebene vor. Der Frauenfussball in der Schweiz wachse schon heute stetig und werde immer professioneller. Die Nachwuchsförderung im Kanton sei sehr gut. Durch verschiedene Massnahmen konnten in den letzten vier Jahren die Anzahl Teams und spielenden Mädchen mehr als verdoppelt werden. Zudem fördert und integriert der TFV die Mädchen schon seit dem Jahr 2008 an der Thurgauer Sport-Tagesschule und in den Teams des Verbandes. Aus dem Thurgau haben es einige Mädchen und Frauen in die Nationalmannschaften der Schweiz geschafft.
Grosses wird erwartet
Der grösste Schritt in den letzten Jahren war laut Küng die Integration der Frauenteams der NLA in die Strukturen der grossen Fussballvereine. «In gewissen Ländern wie in England spielen die Frauen in den gleichen Stadien wie die Herren und füllen die Stadien. Wie beim Herrenfussball sind unterdessen die grössten Fussballmärkte die gleichen. Spanien, Frankreich, England aber auch Deutschland sind führend in Europa.» Dass die WEURO der Schweiz einen Aufschwung gibt, sei zu erwarten.
Von Desirée Müller