Erzählcafé in Frauenfeld.
08.02.2024 09:55
Erzählen, lauschen, fragen
Erzählcafés liegen im Trend - so auch in Frauenfeld
Zurück in die Zeit reisen, als Oma und Opa Märchen erzählten, in Gedanken die Koffer packen und einst bereiste Länder besuchen oder Erinnerungen an magische Zirkus- oder Theaterbesuche aufleben lassen: Im Erzählcafé werden so manche Erlebnisse wieder ins Gedächtnis gerufen.
Frauenfeld Die einen schwelgen schweigend in Erinnerungen, andere teilen das Erlebte mit den Gästen. Monika Leutenegger ist seit letztem Oktober Geschäftsführerin der Tagesstätte «Tapetenwechsel» und fand gleich Begeisterung im angebotenen Erzählcafé. Dieses hat wie der Tagesablauf der Klienten eine feste Struktur im Monatsprogramm erhalten. Immer am zweiten Donnerstagnachmittag finden sich die Tagesgäste wie auch auswärtige Besuchende im «Tapetenwechsel» um den Erzählungen des eingeladenen Gastes zu lauschen. «Die Moderierenden des Anlasses haben etwas mit dem Thema zu tun. So werden dieses Jahr unter anderem ein Förster eingeladen, der das Thema «Wald» repräsentiert und eine Schauspielerin, welche die Gäste in die Theaterwelt mitnimmt. «Für unsere Tagesgäste ist das Erzählcafé sehr wertvoll. Tagsüber sind die 12 bis 15 Klienten mit verschiedenen Beeinträchtigungen unter sich. Dabei sind sie kreativ im Atelier, bewegen sich beim Turnen, helfen beim Kochen oder Entdecken während der Stimmbildung ganz neue Töne.
Weltweit vernetzt
Das Erzählcafi in Frauenfeld ist Teil eines Netzwerkes. Dieses ist seit 2015 eine partizipative Plattform für Teilnehmende, Moderierende und Veranstalter. Die Erzählcafés werden schweizweit organisiert – von der Ostschweiz bis in den Tessin findet regelmässig der Austausch statt. Und dies nicht nur in Institutionen: Ob in Museen, Kulturzentren oder Sprachschulen, die Erzählkultur erlebt einen Höhenflug in der Schweiz. «Ein Erzählcafé ist eine Gemeinschaft auf Zeit», heisst es seitens der Geschäftsleitung. Rhea Baumgartner und Marcello Martinoni teilen sich diesen Posten. «Die Gemeinschaft entsteht, wenn fremde Menschen sich an einem Ort treffen. Sie erzählen sich zu einem bestimmten Thema Anekdoten und Erfahrungen aus dem Leben.» Kaum sitzt man in der Runde, beginnen die Erzählungen zu fliessen, erleben sie immer wieder. «Dabei entstehen Momente des Glücks, der Überraschung und der Inspiration. Dieser bereichernde Austausch stärkt das gegenseitige Verständnis, das Selbstwertgefühl und leistet einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt.»
Eine Sache ist dem Verein wie auch Monika Leutenegger von «Tapetenwechsel» wichtig: «Man kann nichts Falsches sagen, es wird nicht über eine Meinung gewertet. Fragen zu den Erzählungen sind hingegen natürlich erwünscht.» Bisher besuchten durchschnittlich vier Gäste von ausserhalb die Erzählcafés in der Frauenfelder Tagesstätte. Die Anzahl der Besucherinnen und Besucher dürfe gerne noch wachsen, wünscht sich Leutenegger.
Wir fragen, was für Geschichten – Märchen – beim letzten Erzählcafé in Erinnerung blieben. «In einer Sache waren sich alle Gäste einig: Sie wünschen sich alle ein Happy End.»
Von Desirée Müller