V.l. Dr. Iris Henseler (Prorektorin Weiterbildung und Dienstleistungen der PHTG), Stefan Schneider (Rektor Kantonsschule Romanshorn), Daniel Wessner (Leiter Amt für Wirtschaft und Arbeit Kanton thurgau), Pascale Ineichen (stv. Direktorin der IHK Thurgau und Leiterin Wirtschaftspolitik und Kommunikation), Brigitte Kaufmann (Kommunikationsberaterin und Präsidentin der Berufsfachschulkommission des Bildungszentrum für Wirtschaft Weinfelden), Regula Broger (Stiftungsrätin Think Tank Thurgau), Prof. Dr. Thomas Merz (Prorektor Forschung und Wissensmanagement und Stiftungsrat beim Think Tank Thurgau). Bild: zVg
02.11.2024 08:00
Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Wirtschaft und Gesellschaft: Sind wir parat?
Künstliche Intelligenz tangiert fast alle beruflichen wie privaten Bereiche unseres Lebens. Das Forum des Think Tanks Thurgau befasste sich mit den Konsequenzen für Lernen und Bildung.
Kreuzlingen Daniel Wessner, Leiter des Amts für Wirtschaft und Arbeit des Kanton Thurgau, brachte es gleich zu Beginn der Podiumsdiskussion auf den Punkt: «Bildung ist unser einziger Rohstoff. Es braucht daher Massnahmen und Rahmenbedingungen, damit alle Menschen im Umgang mit Künstlicher Intelligenz kompetent werden können.» Das Forum zeigte dabei: Angesichts der grossen Investitionen, die die Nachbarkantone St. Gallen und Zürich für Bildung im Zusammenhang mit Digitalisierung investieren, braucht es im Thurgau gemeinsame Anstrengungen, um nicht abgehängt zu werden.
Rund 60 Interessierte aus Schulen, Bildung, Politik und Verwaltung waren der Einladung von Think Tank Thurgau zum TTT-Forum an die Pädagogische Hochschule Thurgau in Kreuzlingen gefolgt. Das TTT-Forum will die Ergebnisse des vorangegangen Wissenschaftskongresses aufgreifen und nutzbar machen. In seiner Begrüssung betonte Stiftungsratspräsident Matthias Mölleney, dass in Schulen die Voraussetzungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit KI geschaffen werden müssten. Das gelinge nur, wenn man offen für Veränderungen ist und flexibel bleibe: «Wenn Du denkst, du hast alles unter Kontrolle, bist Du zu langsam – das gilt auch für KI». Prof. Dr. Thomas Merz, Prorektor Forschung und Wissensmanagement und Stiftungsrat beim Think Tank Thurgau fasste die Ergebnisse des Wissenschaftskongresses zum Thema «Lernen im Kontext Künstlicher Intelligenz», der im Juni 2024 in Frauenfeld stattfand, zusammen. Er betonte, dass es ein neues Verständnis des Lehrens und Lernens brauche: «Das beinhaltet innovative Lernsettings, neue Formen der Lernkontrolle und ein hohes Mass an Motivation und Eigenverantwortung der Lernenden».
Expertinnen und Experten der Fachstelle Schule und Digitalität der PHTG zeigten anschaulich, wie man mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz Texte, Bilder, Videos und Musik erstellen kann. Informations- und Medienkompetenz ist im Umgang mit KI entscheidend, um Fakten von Fakes zu unterscheiden. «Hierzu braucht es überfachliche Kompetenzen, die im Sinne ganzheitlicher Bildung in Schulen vermittelt werden müssen», betonte Stefan Schneider, Rektor der Kantonsschule Romanshorn, in der von Regula Broger und Thomas Merz moderierten Podiumsdiskussion. «Studierfähigkeit und Gesellschaftsreife schaffen eine Anschlussfähigkeit an das Berufsleben.» Pascale Ineichen, stv. Direktorin der IHK Thurgau und Leiterin Wirtschaftspolitik und Kommunikation machte deutlich, dass KI ein grosses Potenzial für die Wirtschaft hat. Neben fachlichen werden jedoch auch die überfachlichen Kompetenzen zukünftig noch stärker gefragt sein. Dies unterstrich auch Daniel Wessner, Leiter des Amts für Wirtschaft und Arbeit des Kanton Thurgau. Die Berufsbilder werden sich weiter verändern, heute lasse sich nur schwer abschätzen, wie die Arbeitswelt zukünftiger Generationen aussehe. Stellensuchende im Bereich KI fit zu machen, sei ein zentrales Anliegen.
Aber sind wir auch als Gesellschaft parat für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz? Was sind die Rahmenbedingungen, welche ethischen Fragen stellen sich und wer reguliert was? Iris Henseler, Prorektorin Weiterbildung und Dienstleistungen der PHTG, plädierte für die Offenheit, Experimente zuzulassen, Verantwortung zu übernehmen und eine kritische Haltung zu entwickeln. Brigitte Kaufmann, Kommunikationsberaterin und Präsidentin der Berufsfachschulkommission des Bildungszentrum für Wirtschaft Weinfelden warnte davor, dass bereits heute bestimmte Bevölkerungsgruppen abgehängt werden. Sie verwies auf die wachsende Zahl älterer Menschen, deren Zugang zu technischen Entwicklungen meist mit Austritt aus dem Berufsleben erschwert werde. Darüber hinaus gebe es weitere Personengruppen, die aus unterschiedlichen Gründen, nicht partizipieren könnten. Hier seien Sensibilität und eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung gefragt, um den Umgang mit und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz offen, transparent und zugänglich zu gestalten. Denn Künstliche Intelligenz wird da eingesetzt, wo wir ersetzbar sind. Für das, was das Menschsein ausmacht, bleiben der direkte Kontakt und die zwischenmenschliche Interaktion unersetzbar.
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